01.09.2019, 14:41
Werte Community,
heute möchte ich ein Thema auftischen, das mir schon seit längerem im Kopf herumgeht: Die Frage nach dem "Charakter und Wesen" der Marke Davidoff.
Vorrede: "Charakter und Wesen einer Marke" - ein sonderbarer Begriff, könnte man sagen. "Mich interessiert vor allem, wie die Zigarre schmeckt" - diese wohl häufigste Reaktion will ich hier gleich vorwegnehmen. Oder, wie ein anderer Forist sagte: "Manchmal ist eine Zigarre nur eine Zigarre", und wer wollte da widersprechen. Gleichwohl gibt es heutzutage immer mehr Konsumenten, die mehr über ein Produkt wissen wollen als nur seine "materiellen Eigenschaften", die sich messen oder in Blindtests evaluieren lassen. Der Kunde will wissen: Kaufe ich ein authentisches, ein ehrliches Produkt? Wie sind die Produktionsbedingungen, wie verlief die Firmengeschichte? Ist der Gründer eher vom Typ Anton Schlecker, oder eher vom Typ Ingvar Kamprad, eher ein Wolfgang Grupp oder mehr so der Larry Ellison? War die Firma immer in derselben Hand? Welche Art von Marketing betreibt die Firma, welche Zielgruppe versucht sie anzusprechen, mit welchen Leuten macht man sich als Käufer womöglich gemein? Da hat man nichtsahnend ein "Fred Perry"-Poloshirt gekauft und erfährt dann plötzlich, die Marke sei bei Neonazis beliebt, wenngleich sich die Firma gegen diese Konnotation wehrt. Ich könnte noch viele Beispiele aufzählen, was man so als "soft factors" eines Produktes betrachten kann.
Was Davidoff betrifft: An Informationen über Zino Davidoff, den Gründer, mangelt es freilich im Internet nicht, auch die verschiedenen kontroversen Aspekte seiner Firmengeschichte kann man ausgiebig nachlesen, und ich möchte den Blick auch nicht auf diesen Mann allein verengen. Seine Verdienste um die Tabakkultur wird man jedoch nicht leugnen können. Es ist mir aber schon mehr als einmal passiert, daß ich in einem Zigarrenladen ganz unschuldig nach Davidoff-Zigarren fragte, und man sagte mir dann, die gebe es hier nicht - ohne Erklärung, dabei ist die Marke ja bekannt und, meinem Eindruck nach, mit einigem Prestige versehen. Ich hatte aber in dem Moment irgendwie das Gefühl, im Fettnäpfchen zu stehen... als ob irgendein unausgesprochener Vorwurf gegen die Marke wie ein Elefant im Raum stünde.
Davidoff-Zigarren habe ich, soweit ich mich erinnere, nur zweimal probiert, und fand die getesteten Exemplare nicht schlecht, aber auch nicht berauschend und etwas zu teuer für das, was geboten wurde.
Ferner ist Davidoff die einzige Marke, die mir auf Anhieb einfällt, die zugleich eine Zigarettenmarke ist. Da könnte man (als Laie) vielleicht unterstellen, daß man bei dieser Firma doch nicht auf das sicherlich profitablere Zigarettengeschäft verzichten wollte, und insofern nicht voll und ganz hinter dem Produkt Zigarre steht. Um es auf den Punkt zu bringen: Ich hatte immer das Gefühl, der Firma und Marke Davidoff wird vielfach unterstellt, die Produkte seien preislich überzogen, irgendwie nicht authentisch, und das Marketing sehr prestigeorientiert, ohne daß da wirklich entsprechend was dahintersteht.
Auch ist Davidoff neben Habanos S.A. die einzige mir bekannte Marke, die - so habe ich gehört - eine Art exklusives Vertriebsnetzwerk unterhält, auch mit speziellen Vorschriften für die Retailer, und mit so Gimmicks wie "Davidoff Lounges". Offenbar wird versucht, auf diese Art künstlich Alleinstellungsmerkmale zu schaffen und wiederum das Prestige zu steigern. Durch bewußtes Branding mit globalem Wiedererkennungswert positioniert man sich unter anderem als erste Wahl für neureiche Menschen aus allerlei "recently westernized countries" (Rußland, China etc., wo ja eine starke Fixierung auf westliche Luxusmarken herrscht), die sich von ihrer Davidoff-Kennerschaft erhoffen, hierdurch ihre neue "peer group" zu beeindrucken. Bei keiner anderen Marke, so scheint mir, wird derart unverblümt der Anspruch formuliert, "simply the best" zu sein - was sich aber offenbar nicht unbedingt in anerkannten Rankings und Blindtest-Ergebnissen niederschlägt. Ganz zu schweigen davon, daß Davidoff den Namen auch für gänzlich fremde Produktlinien wie z.B. Parfums verwenden läßt, was ich auch von keiner anderen Marke kenne.
Dalay, mein Lieblingshändler, der nach eigenem Bekunden bewußt kein Vollsortiment anbietet, sondern nur Sachen, die sie persönlich irgendwie gut finden, hat sich auch lange dagegen verwahrt, Davidoff aufzunehmen, aber vor kurzem dann eine Kehrtwende vollzogen.
Nun, erstmal genug Gerede - bin gespannt auf Eure Meinungen. Vielleicht ist mein etwas negativer Eindruck ja ungerechtfertigt; ich bin mir sicher, viele hier kennen sich da besser aus.
heute möchte ich ein Thema auftischen, das mir schon seit längerem im Kopf herumgeht: Die Frage nach dem "Charakter und Wesen" der Marke Davidoff.
Vorrede: "Charakter und Wesen einer Marke" - ein sonderbarer Begriff, könnte man sagen. "Mich interessiert vor allem, wie die Zigarre schmeckt" - diese wohl häufigste Reaktion will ich hier gleich vorwegnehmen. Oder, wie ein anderer Forist sagte: "Manchmal ist eine Zigarre nur eine Zigarre", und wer wollte da widersprechen. Gleichwohl gibt es heutzutage immer mehr Konsumenten, die mehr über ein Produkt wissen wollen als nur seine "materiellen Eigenschaften", die sich messen oder in Blindtests evaluieren lassen. Der Kunde will wissen: Kaufe ich ein authentisches, ein ehrliches Produkt? Wie sind die Produktionsbedingungen, wie verlief die Firmengeschichte? Ist der Gründer eher vom Typ Anton Schlecker, oder eher vom Typ Ingvar Kamprad, eher ein Wolfgang Grupp oder mehr so der Larry Ellison? War die Firma immer in derselben Hand? Welche Art von Marketing betreibt die Firma, welche Zielgruppe versucht sie anzusprechen, mit welchen Leuten macht man sich als Käufer womöglich gemein? Da hat man nichtsahnend ein "Fred Perry"-Poloshirt gekauft und erfährt dann plötzlich, die Marke sei bei Neonazis beliebt, wenngleich sich die Firma gegen diese Konnotation wehrt. Ich könnte noch viele Beispiele aufzählen, was man so als "soft factors" eines Produktes betrachten kann.
Was Davidoff betrifft: An Informationen über Zino Davidoff, den Gründer, mangelt es freilich im Internet nicht, auch die verschiedenen kontroversen Aspekte seiner Firmengeschichte kann man ausgiebig nachlesen, und ich möchte den Blick auch nicht auf diesen Mann allein verengen. Seine Verdienste um die Tabakkultur wird man jedoch nicht leugnen können. Es ist mir aber schon mehr als einmal passiert, daß ich in einem Zigarrenladen ganz unschuldig nach Davidoff-Zigarren fragte, und man sagte mir dann, die gebe es hier nicht - ohne Erklärung, dabei ist die Marke ja bekannt und, meinem Eindruck nach, mit einigem Prestige versehen. Ich hatte aber in dem Moment irgendwie das Gefühl, im Fettnäpfchen zu stehen... als ob irgendein unausgesprochener Vorwurf gegen die Marke wie ein Elefant im Raum stünde.
Davidoff-Zigarren habe ich, soweit ich mich erinnere, nur zweimal probiert, und fand die getesteten Exemplare nicht schlecht, aber auch nicht berauschend und etwas zu teuer für das, was geboten wurde.
Ferner ist Davidoff die einzige Marke, die mir auf Anhieb einfällt, die zugleich eine Zigarettenmarke ist. Da könnte man (als Laie) vielleicht unterstellen, daß man bei dieser Firma doch nicht auf das sicherlich profitablere Zigarettengeschäft verzichten wollte, und insofern nicht voll und ganz hinter dem Produkt Zigarre steht. Um es auf den Punkt zu bringen: Ich hatte immer das Gefühl, der Firma und Marke Davidoff wird vielfach unterstellt, die Produkte seien preislich überzogen, irgendwie nicht authentisch, und das Marketing sehr prestigeorientiert, ohne daß da wirklich entsprechend was dahintersteht.
Auch ist Davidoff neben Habanos S.A. die einzige mir bekannte Marke, die - so habe ich gehört - eine Art exklusives Vertriebsnetzwerk unterhält, auch mit speziellen Vorschriften für die Retailer, und mit so Gimmicks wie "Davidoff Lounges". Offenbar wird versucht, auf diese Art künstlich Alleinstellungsmerkmale zu schaffen und wiederum das Prestige zu steigern. Durch bewußtes Branding mit globalem Wiedererkennungswert positioniert man sich unter anderem als erste Wahl für neureiche Menschen aus allerlei "recently westernized countries" (Rußland, China etc., wo ja eine starke Fixierung auf westliche Luxusmarken herrscht), die sich von ihrer Davidoff-Kennerschaft erhoffen, hierdurch ihre neue "peer group" zu beeindrucken. Bei keiner anderen Marke, so scheint mir, wird derart unverblümt der Anspruch formuliert, "simply the best" zu sein - was sich aber offenbar nicht unbedingt in anerkannten Rankings und Blindtest-Ergebnissen niederschlägt. Ganz zu schweigen davon, daß Davidoff den Namen auch für gänzlich fremde Produktlinien wie z.B. Parfums verwenden läßt, was ich auch von keiner anderen Marke kenne.
Dalay, mein Lieblingshändler, der nach eigenem Bekunden bewußt kein Vollsortiment anbietet, sondern nur Sachen, die sie persönlich irgendwie gut finden, hat sich auch lange dagegen verwahrt, Davidoff aufzunehmen, aber vor kurzem dann eine Kehrtwende vollzogen.
Nun, erstmal genug Gerede - bin gespannt auf Eure Meinungen. Vielleicht ist mein etwas negativer Eindruck ja ungerechtfertigt; ich bin mir sicher, viele hier kennen sich da besser aus.